Zu Besuch in der besten Smart-City der Welt bei Paderborn
Etteln/Zierenberg. Das kleine Dorf Etteln, Ortsteil der Gemeinde Borchen im Kreis Paderborn, ist die beste Smart City der Welt und hat sogar Hongkong auf den zweiten Platz verwiesen. Im Oktober 2024 wurde das Dorf bei einem weltweiten Wettbewerb des Ingenieurverbands für Elektrotechnik und Informatik IEEE in Thailand ausgezeichnet. Dabei hängt Deutschland bei der Digitalisierung zehn Jahre hinterher – ob beim Ausbau des Mobilfunknetzes, in der Verwaltung oder an Schulen. Nicht so in Etteln, wie Ortsvorsteher Ulrich Ahle anschaulich erklärte. Das Beispiel Etteln zeigt, dass es eben auch anders geht. Und davon überzeugte sich eine der Visionsgruppen aus Zierenberg mit Wilfried Appel, Michael Liese und Frank Plettenberg. Etteln ist gerade einmal 59 Kilometer von Zierenberg entfernt. „Aber auch wir haben das Rad nicht neu erfunden. Wir haben überall geschaut, was es schon gibt, was gut funktioniert und was wir im ganzen Ort - für alle nutzbar - umsetzen können“, sagte Ortsvorsteher Ulrich Ahle.
Begonnen hat in Etteln alles vor zwölf Jahren, erklärte Christine Wegner, Projektmanagerin für die Digitalisierung in Etteln. „Aus der Not heraus hat sich das Dorf auf den Weg gemacht und überlegt, was wir tun können, um Abwanderung zu verhindern.“ Etteln wollte für jüngere Menschen attraktiver werden und kam auf das Thema Digitalisierung und bezog ältere Menschen von Anfang an mit ein, wie Ortsvorsteher Ulrich Ahle deutlich machte. So ist es im Nachhinein wohl auch nicht verwunderlich, dass Etteln zwar von der Deutschen Glasfaser erschlossen wurde, aber umliegende 74 Häuser und Höfe aus kostengründen außen vor blieben.
Also packten die Ettelner selber an und baggerten Wochenende für Wochenende, um auch diese 74 Liegenschaften anzuschließen. Und es funktioniert. „In Etteln verfügt jetzt jedes Haus und ‚jede Milchkanne‘ über einen schnellen Internetanschluss“, sagte Ulrich Ahle zu Recht stolz.
Das Projekt zeichnet sich durch eine ganzheitliche Herangehensweise aus, bei der moderne Technologien, nachhaltige Infrastruktur und bürgernahe Dienstleistungen miteinander verknüpft werden, um die Lebensqualität der Einwohner nachhaltig zu verbessern. Die Vision einer „weltbesten Smart-City“ in Etteln basiert auf der Integration intelligenter Lösungen in Bereichen wie Energieversorgung, Mobilität, Kommunikation und Umweltmanagement.
Nach der digitalen Veranschaulichung des Projektes machten sich die zahlreichen Teilnehmer im Ort ein Bild von den vielfältigen digitalen Initiativen und Infrastrukturmaßnahmen, die Etteln zu einem Vorreiter im Bereich der Smart-City-Entwicklung machen. Das Konzept des digitalen Dorfes das auf einer intelligenten Vernetzung von Haushalten, öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen basiert wurde hervorgehoben. Dazu zählen beispielsweise intelligente Energie- und Wassernetze, digitale Bürgerdienste, innovative Mobilitätsangebote sowie eine umfassende Dateninfrastruktur, die eine effiziente Steuerung und Überwachung ermöglicht. So stehen einige Stelen (hergestellt in Bielefeld, ST-DIGITAL GmbH) im Ort, auf denen man per Berührung (Touch Screen) die neusten Informationen erhält. Direkt neben einer Stele steht eine Mitfahrbank. Darüber ist eine Infotafel installiert, die Autofahrern zeigt, wohin derjenige möchte, der auf der Bank sitzt oder aber ob es jemand ist, der dort nur eine Weile sitzen möchte. Im Kontakt sind die Dorfbewohner über eine App. Hier werden Nachbarschaftshilfen ebenso angeboten wie gut erhaltende Möbel. Wer Altkleider in Containern entsorgen möchte, sieht auf der App auch, ob der Container bereits voll ist und man lieber auf die nächste Entleerung wartet. Das e-Dorfauto ettCAR ist mit dem Internet verbunden und kann über eine App sowohl gebucht als auch geöffnet werden. Das e-Lastenfahrrad ettCARGO ergänzt das Mobilitätsangebot.
Der lokale Netzbetreiber Westfalen Weser realisierte aus dem Förderprogramm des Landes NRW in Etteln eine digitale Ortsnetzverteilstation, die tagsüber Solarstrom in einem großen Batteriespeicher zwischenpuffert und bei Bedarf wieder in das Netz zurückspeist. Etteln wurde als Standort für dieses Projekt ausgewählt, da es im gesamten Versorgungsbereich des Netzbetreibers über die höchste Dichte an privaten Solaranlagen verfügt. Von gut 600 Häusern im Dorf verfügen 230 über eine PV-Anlage auf dem Dach. In Summe erzeugt Borchen-Etteln das 34-fache des eigenen Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien mit einem Mix von Windenergie, Solar- und Biomasseanlagen.
Die Veranstaltung verdeutlichte, wie Etteln durch innovative Technologien eine nachhaltige und lebenswerte Gemeinschaft gestaltet, die als Vorbild für andere Kommunen dienen kann. Die Kombination aus technologischer Innovation, bürgernaher Gestaltung und nachhaltigem Denken macht Etteln zu einem beispielhaften Modell für intelligente Stadt- und Dorfentwicklung.
Sind beeindruckt von der digitalen Welt im kleinen Ort Etteln: (von links) Stadtverordnetenvorsteher Wilfried Appel, Michael Liese und Frank Plettenberg. Sie alle arbeiten in den Visionsgruppen der Stadt Zierenberg mit und holten sich wichtige Informationen vor Ort.